Niedrige Zinsen: So eine Gemeinheit!
In Deutschland und Österreich wird geklagt, dass die Zinsen aktuell niedrig seien. Die Grafik der Zinsentwicklung seit 1995 drückt schon das depressive Gefühl des Niedergangs aus:
Allen ist bewusst, dass Zinsen nur knapp über Null einen Verlust gegenüber der Inflationsrate bedeuten. Dieses Gefühl jedoch übersieht, dass zwar die nominalen Zinsen auf ein historisch einmaliges Tief gesunken sind, die realen Zinsen aber – nominale Zinsen abzüglich Inflationsrate – noch in einer gewohnten Bandbreite liegen:
Die Linie der Realzinsen tänzelt seit Jahrzehnten fröhlich unter und über der Nulllinie (in Rot) herum – und zwar öfter unter. Das ist eigentlich noch deprimierender, denn es heißt, dass Sparer_innen seit Jahrzehnten den Wert ihres Geldes verringern.
Die aktuelle Situation macht das bloß augenfällig; wenn dieses Erkennen dazu führt, dass Menschen ihr Geld vernünftiger anlegen, ist das eine nützliche Wirkung. Vernünftig heißt, in die reale (Volks-)Wirtschaft zu investieren, in der mit Kapital Renditen über der Inflationsrate erzielt werden. Das geht am einfachsten und transparentesten mit Anleihen (von Staaten oder Unternehmen) und Aktien.
Gegenüber den depressiv-apokalyptischen Stimmungen ist die fröhliche Normalität der Entwertung von Spargeldern zu betonen: Immer schon lag es in der Verantwortung der Sparer_innen, ihr Geld sinnvoll anzulegen; immer schon brachten Investitionen in die Realwirtschaft langfristig reale Mehrrendite, hingegen die Ablage in Sparbüchern meist reale Verluste.
Niedrigzinsen sind also kein Grund zu jammern, sondern bieten die Chance für Erkenntnis und Ermächtigung.